Transylvania Today: Was sollte getan werden, um wei- tere deutsche Unternehmer zu ermutigen, nach Rumänien zu kommen?
Seine Exzellenz Emil Hurezeanu, Botschafter Rumäniens in Berlin: Nach dem EU-Beitritt hat Rumänien seine Attraktivität sowohl als Industrie- und Technologiestand- ort, als auch als Handel – und Innovation Zentrum gegen- über den europäischen Wirtschaftsakteuren konsolidiert. Die hohen Direktinvestitionseinträge in Rumänien, auch während der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, bestä- tigen das.
Die Investitionen der deutschen Unternehmen haben einen besonderen Platz in der rumänischen Wirtschaft. Gemäß dem Investitionsvolumen nimmt Deutschland, nach den Niederlanden und Österreich, den dritten Platz ein, mit etwa € 4,6 Milliarden, bzw. 20.828 Unternehmen (so die Daten des Rumänischen Nationalen Handelsregisters am 31.05.2015).
Sehr erfreulich ist auch die Tatsache, dass die deutschen Investitionen in Rumänien in erheblichen Teil in dem pro- duktiven Sektor getätigt wurden (vor allem in der Elektro- und Elektronikindustrie, Automobil- und Komponenten- herstellung, im Bereich Chemie, Baustoffe etc.), wobei der größte Anteil der Produktion auf den europäischen Märkte, insbesondere in Deutschland exportiert wird. Dieser Ent- wicklung ist auch die konstante Steigerung der rumäni- schen Exporte auf den deutschen Markt, mit etwa 10% jähr- lich, zu verdanken.
Was die Attraktivität der rumänischen Wirtschaft als Investi- tionsstandort betrifft, ist es bemerkenswert, dass die Ergeb- nisse fachkundigen Umfragen der Rumänisch-Deutschen Handelskammer vom 2014 und 2015 die Zufriedenheit der meisten deutschen Investoren mit dem rumänischen Markt belegen sowie ihre Absicht die Produktionstätigkeit in Rumänien fortzusetzen.
Welche würden die Bereiche sein, in denen rumänische Unternehmen auf dem deutschen Markt am besten leis- ten könnten?
Seit Jahren ist der deutsche Markt das wichtigste Ziel für die rumänischen Exporte. Im Jahr 2014 würde die führende Position Deutschlands als erster Handelspartner Rumäniens konsolidiert, sowohl für Exporte (mit 19,27% des rumäni- schen Gesamtexportes) als auch für Importe (19,15%), mit einer Steigerung von fast 10% im Vergleich zum Jahr 2013.
Diese positive Entwicklung ist auch in der deutschen Sta- tistik geschildert, z.B. in der „Ranking of Germany‘s trading partners in foreign trade – 2014”, das Rumänien auf den Platz zwischen den Handelspartner Deutschlands zählt.
Mehr als drei Viertel der rumänischen Ausfuhren auf dem deutschen Markt sind Produkten mit höherer Wertschöp- fung (Maschinen und Anlagen 43.74%, Fahrzeuge und Transportmittel 21,25%, Textilien und Bekleidung 7,18%, Kunststoffen und Waren Rubber 5,73% 2,31% Chemikalien usw.).
Allerdings spiegelt der bilaterale Handel nicht das tatsächli- che Potenzial wieder. Rumäniens Export macht nur 1,107% der deutschen Importe und der Import nur 0,944% der gesamten deutschen Ausfuhren.
Natürlich gibt es ein großer Wachstums- und Diversifizie- rungspotenzial. Es gibt immer noch große Reserven in den Sektoren Maschinenbau, Elektronik und Informati- onstechnik. Ein Überdenken der Strategie für Agrar- und Lebensmittelexporte wäre nötig, vor allem auf der Basis der Verstärkung des „Bio“ Anteils, für die es eine erhöhte Nachfrage auf dem deutschen Markt gibt. Echte Aussich- ten für Wachstum haben auch die Exporte von Massiv- holzmöbeln, als auch die Schaffung der Modeerzeugnisse, Kleidung, Glas und Kristall, Dekorationswaren usw. Im All- gemeinen erfreut sich die rumänische Kreativwirtschaft einer starken Aufmerksamkeit auf dem deutschen Markt, vor allem in der Modebranche (Kleidung – Schuhe) wo die rumänischen Modeschöpfer einen guten Ruf erworben haben.
Welche sind die Schwierigkeiten die die rumänischen Ausführer auf dem deutschen Markt überwinden müssen?
Die Größe und die Komplexität des deutschen Marktes macht ein ebenso komplexes System von Vertretung und Förderung des rumänischen Exportangebotes notwendig, die vielmehr auf die Einbeziehung von spezialisierten Ver- marktungstechniken und – Vertretern in Deutschland setzen würde. Eine wichtige Rolle in diesem Sinne könnten, zum Beispiel, unterschiedliche rumänische Unternehmensver- tretungen übernehmen, dieses System ist aber in Ausland noch nicht genug aktiv.
Die Teilnahme an Messen und Fachausstellungen in Deutschland ist außerdem besonders wichtig, denn hier ist die Aussage des ehemaligen Bundeskanzler Ludwig Erhart sehr wohl ernstgenommen: „Wer an einer Messe teilnimmt, der wird wahrgenommen und über den wird geredet. Wer dort nicht auftaucht, dem widerfährt Schlimmes. Über ihn wird möglicherweise gar nicht mehr geredet“
Rumänien beteiligt sich derzeit jährlich, unter nationaler Flagge, an mehr als 20 Messen in Deutschland, wobei die teilnehmenden Unternehmen eine Unterstützung vom rumänischen Staat genießen. Natürlich genügt nicht die- ses Teilnahmemodel nicht. Eine konsequente, fachkundige
Unterstützung durch das System der Berufsverbände und der Industrie- und Handelskammern, nach dem deutschen Vorbild, wäre in diesem Bereich sehr hilfreich und nötig.
Wie kann man die rumänisch-deutsche Partnerschaft weiter verstärken? In welchen Bereichen, abgesehen von dem Wirtschaftsbereich?
Abgesehen von dem wirtschaftlichen Bereich, ein besonders wichtiges Kapitel in der rumänisch-deutschen Partnerschaft ist die Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union. Ich beziehe mich hier auf alle durch die europäische Politik vertreten Ebenen, sei es Arbeitsmarktpolitik, Energiepoli- tik, Wirtschaftspolitische Steuerung oder die Gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. An dieser Stelle, würde ich, beispielsweise, die enge Zusammenarbeit zwischen Bukarest und Berlin in der Nachbarschaftspolitik der EU, der Schwarzmeer-Politik und der Europäische Stra- tegie für den Donauraum erwähnen.
Nicht zuletzt, möchte ich über die besondere Rolle von Minderheiten sprechen. Ich beziehe mich hier, gleicherma- ßen, auf die deutsche Minderheit in Rumänien, aber auch auf den rumänischen Staatsbürgern in Deutschland und den Rumäniendeutschen, die wesentlich zur Stärkung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern, Rumänien und Deutschland, beitragen.